Tour 2009 - Dolce Vita

Sonntag, 6. September

Kreuzbergpass - Piave - Sauris

Wir sind wieder da...
Schon der erste Cappuccino im Pusteral, lange vor dem Start in Toblach lässt zur Gewissheit werden, dass wir - neben allen sportlichen Anstrengungen - wieder eine Woche mit Genüssen für Leib und Seele erleben werden.
Die Route über den Kreuzbergpass nach Süden wurde in früheren Jahrhunderten rege benutzt, vor allem als Alternative zur klassischen Brennerroute in Zeiten, in denen die Eisackschlucht nicht befahrbar war. Heutzutage führt die Route ein beschauliches Dasein, so dass sich das Verkehrsaufkommen in Grenzen hält. Seit den 1960er Jahren ist eine Autobahn in Planung, die unter dem Namen Autostrada di Alemagna bekannt ist. Rennrad, Tour, Piave, Schlucht, Veneto, VenetienSie soll Venetien besser mit Bayern verbinden, und ihr Bau wird vor allem von Venedig gefordert. Hübsche, kleine Orte fliegen im Cadore dem Ursprungsgebiet der italienischen Eismacher, auf der langen Abfahrt vom Kreuzbergpass an uns vorbei, bevor wir die aufgelassene Straße entlang der engen Piave nehmen. Wildromantisch zwar, aber es ist doch höchste Vorsicht geboten, da der Weg übersät ist mit Felsen verschiedenster Größe - Steinschlag der hier seit Jahren niedergegangen ist und keine Straßenbaubehörde mehr auf den Plan ruft, weil der Autoverkehr bequem durch einen Tunnel geleitet wird. Viele Galerien haben einst den Verkehr vor dem Steinschlag geschützt und es scheint, als sei die Zeit nicht mehr weit, bis Teile der Straße abrutschen und der Weg auch für mutige Radler unpassierbar wird.
Gottverlassen scheint der Aufstieg in die Karnischen Alpen zu Sella Ciampigotto. Vereinzelt stehen Ferienhäuser weitab vom nächsten Ort mitten im Wald. Balsam für die geschundenen Körper nach so einem harten Anstieg am ersten Tag ist ein gemeinsames Bier im Baita Ciampigotto. Der dieselbetriebene, kleine Skilift über der Straße lässt ahnen, dass hier auch im Winter Betrieb ist.

Rennrad, Bici, tour, Sella Ciampigotto, Venetien, VenetoSella Ciampigotto
Ionella mit Zahre rosso
Loris mit Speck

In Sauris verwöhnte uns Ionella dann bei der Ankunft mit süffigem, naturtrübem "Zahre Beer" gebraut in Sauris di Sopra in den Varianten bianco und rosso und Loris wartete zum Abendessen mit regionalen Köstlichkeiten auf:

PROSCIUTTO E SPECK WOLF (Schinkenproduktion, direkt aus Sauris)
ZUPPA DI ORZO E FAGIOLI (Suppe mit Gerste und Bohnen)
CERVO CON POLENTA È FRICO (Hirsch mit Polenta und der friulanischen Käsespezialität Frico)
STRUDEL DI MELE (Apfelstrudel)


Montag, 7. September

Sauris - Venzone - Tarvisio

Die entlegene Region mit dem smaragdgrün glitzernden Bergsee wurde erst in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts mit einer Bergstraße erschlossen. Sauris ist ein wahres Schmuckkästchen, jedes Haus herausgeputzt mit üppigem Blumenschmuck und in den Morgenstunden, bevor die Tagesausflügler kommen, gesegnet mit seliger Ruhe, nur durchbrochen vom Krähen des benachbarten Hahnes.
Strategisch uninteressant und daher von Kriegen verschont, hat sich hier eine kleine Volksgruppe mit eigener, aus einem bayerischen Dialekt entwickelten Sprache, „da zahrar Sproche“ erhalten. Vorbei am aufgestauten Lago di Sauris fahren wir auf dem schmalen, steilen und beeindruckenden Sträßchen die Lumieischlucht hinunter nach Ampezzo. Rennrad, Tour, Bici, Friaul, Friuli, Venzone, Duomo, DomDie ehemalige, sehr ausgesetzte Straßenführung ist noch erkennbar, wurde aber unbefahrbar gemacht.
Venzone im Tal des Tagliamento wurde, wie viele andere Orte dieser Region bei dem schweren Erdbeben 1976 fast komplett zerstört, aber in mühsamer Arbeit von den Bewohnern originalgetreu wieder aufgebaut - ein echtes Schmuckstück, trotz der erkennbaren Narben. Der prächtige Markuslöwe am Campanile zeigt den Einfluss der Serenissima bis hierher, dazu gehört auch eine Loggia, die eine umfangreiche Fotodokumentation über das Erdbeben und den Wiederaufbau birgt. Beeindruckend, wie prächtig der völlig zerstörte Dom wieder aufgebaut wurde. Dass es gelungen ist, beim originalgetreuen Wiederaufbau auch den Charme des italienischen Städtchens wiederherzustellen war bei einem Espresso auf der Piazza spürbar.
Gigi, bei dem wir ein Auto während unserer Friaultour 2007 für eine Woche unterstellen durften, erwartete uns in seinem schmucken Hotel Edelhof in Tarvisio. Wir nutzten die letzten Sonnenstrahlen auf der Terrasse, bevor uns die kühle Herbstluft in die geräumige Gaststube trieb.


Dienstag, 8. September

Fusine Laghi - Vršič - Soča - Collio

Rennrad, Tour, Slowenien, Slovenia, Triglav, VrsicDer Reiseführer versprach für den Abstecher zu den Fusine Laghi, den Weißensteiner Seen, die prächtige Kulisse eines verträumten Bergsees mit der Julischen Alpen im Hintergrund. Rennrad, Tour, Slowenien, Slovenia, Triglav, Zlatorog, VrsicDiesen Genuss erfährt aber nur, wer eine kleine Wanderung oder eine Bootsfahrt unternimmt, was für uns aus Zeitgründen nicht in Frage kam. Am Jasna See, unweit von Krajnska Gora statteten wir dem Zlatorog, der Sage nach ein Gamsbock mit goldenen Hörnern einen kurzen Besuch ab - noch bot der Tirglav im Hintergrund nur eine prächtige Kulisse, doch die Steigung ließ nicht lange auf sich warten. Das Kopfsteinpflaster in den Kehren zum Vršič Pass ist ein Relikt aus der Entstehungszeit des Passes. Russische Kriegsgefangene mussten die Straße mit den 24 Kehren während des ersten Weltkriegs anlegen. Eine hölzerne russisch-orthodoxe Kapelle bei Kehre Nr. 8 erinnert an 300 Gefangene, die hier bei einem Lawinenabgang im März 1916 ums Leben kamen und an annähernd 10000 im Krieg totgeschundene Zwangsarbeiter.
Bei Žaga, im Oberlauf der Soča ist Zeit für eine Stärkung. Calamari und Čevapčiči in der Gostilna Žvikar, dazu ein feines Union Pivo, dann sind die Akkus wieder aufgeladen. Die Goriška Brada in Slowenien geht mittlerweile noch nahtloser als früher - ohne Grenzkontrolle - ins Collio über. In den Weinbergen der sog. „Toskana des Nordens“ werden nach Meinung vieler Experten die besten Weißweine Italiens produziert. Auf dem Weg nach Farra d'Isonzo ließ es sich Boris, auch ein leidenschaftlicher Rennradler, wie sich herausstellte, nicht nehmen, mit seinem Auto vor uns her zu fahren um sicherzustellen, dass wir unser Ziel nicht verfehlen.
Claudio und Margherita haben uns dann abends im Borgo Colmello vorzüglich bewirtet. Regionale Spezialitäten wie "Toc in Braide", dazu Collio-Wein aus der hauseigenen Enoteca. An so einem lauen Genießerabend auf der Terrasse sind die 160 km im Sattel schnell vergessen.


Mittwoch, 9. September

Carso - Timavo - Duino - Miramare - Triest - Montello

Wir fahren hinauf zur Karsthochebene von Doberdo mit dem gleichnamigen Lago di Doberdo, der - typisch Karstsee - auch immer wieder trocken liegt. Mehr als eine große Pfütze ist auch für uns nicht zu sehen. Um Doberdo versuchten die Italiener in insgesamt 12 Isonzoschlachten vom Juni 1915 bis zum Oktober 1917 - letztlich vergeblich - über den Brückenkopf Görz, durch die österreichisch Ungarische Front zu brechen. 100000 Gefallene liegen im benachbarten Monument von Redipuglia. Unweit der Autobahn Venedig-Triest entspringt der Timavo, der kürzeste Fluß der Welt mit einer Schüttung von 1 bis 13 Millionen m³ pro Tag. Die Quellen des Timavo entspringen beim Ort San Giovanni und der Fluss mündet nach ca. 2 km in die Lagune von Panzano. Rennrad, Tour, Friaul, Friuli, Bici, Strada Costiera, Golf von TriestDas besondere daran ist, dass der Fluss als Reka in Slowenien bereits einen langen Weg hinter sich hat, bevor er in der Nähe der Ortschaft Skocjan im Karst versickert und unterirdisch weiterfließt. Der genaue Verlauf des Flusses im Karstplateau ist weitegehend unbekannt.
Nur einen Steinwurf entfernt ist Duino, von Rilke, der längere Zeit Gast im dortigen Schloss der Thurn und Taxis war, in seinen Duineser Elegien verewigt. Ein Abstecher hinunter zum beschaulichen Hafen mit dem weithin bekannten Fischrestaurant „Dama Bianca“, muss einfach sein. Rennrad, Tour, Friaul, Friuli, Bici, Strada Costiera, Miramar, Golf von TriestHinter Sistiana beginnt die 1928 eingeweihte Strada Costiera, die immer wieder wunderbare Ausblicke über den Golf von Triest, die Miesmuschelzuchten und nach Slowenien und Kroatien freigibt. Miramare ist ein weiterer Glanzpunkt der Triestiner Adria. Ein Hauch von Tragik liegt über diesem Schloss, das in Italien einen hohen Stellenwert innehat, vergleichbar mit unserem Neuschwanstein. Maximilian, der Bruder von Kaiser Franz Joseph und Oberkommandant der österreichischen Kriegsmarine ließ sich dieses „Schloss im Meer“ mühsam aus istrischem Stein erbauen. Das Erdreich wurde eigens aus Kärnten herbeigeschafft. Das Schloss war noch nicht richtig fertiggestellt, als Maximilian sich zum Kaiser von Mexiko krönen ließ, ohne die inneren Verhältnisse des Landes zu kennen. Er wurde1867 von Rebellen unter Benito Juarez erschossen. Seine Frau verlor den Verstand und starb erst 1927 als 87 Jährige in ihrer Heimat Belgien.
Von Miramare aus ist bereits unser Zwischenziel, der Leuchtturm von Triest zu sehen. In der benachbarten "Trattoria al Faro" verwöhnt uns Carlotta mit Spezialitäten des Hauses, natürlich alles aus dem Meer. Das besondere Gewürz dabei ist der Blick über den Golf von Triest. Bis zum Bahnhof in Triest ist es nicht mehr weit, vor allem geht es nur bergab, und bis zur Abfahrt unseres Zuges ins Veneto bleibt noch ausreichend Zeit um den Canal Grande und die Piazza della Liberta zu bestaunen. 
Keine 10 Euro kostet es pro Nase einschließlich Rad, um mit dem Zug mehr als 100 km von Triest nach S. Dona di Piave Jesolo zu fahren. Pünktliche Abfahrt, pünktliche Ankunft und am Ziel wartet bereits unser Begleitfahrzeug.
Die Vorfreude auf die Albergo alla Pineta wurde nicht enttäuscht. Der Prosecco schmeckt mindestens so gut wie im letzten Jahr und Martha hat wieder sehr schmackhafte Hausmannskost vorbereitet. An so eine köstliche Steinpilzsuppe konnte sich keiner je erinnern, und ob wir jemals noch zu so einem Genuss kommen ist fraglich.


Donnerstag, 10. September

Strada del Prosecco - Barbacacciatore - Brauhaus Tegernsee

Die Weinlese hat schon begonnen. Kleine Traktoren mit schweren Anhängern, vollgeladen mit Proseccotrauben kreuzen häufig unseren Weg durch die Weinberge. Im Barbacacciatore, unserer Einkehr am Mittag, wird der hauseigene Prosecco tranquillo serviert. Ohne Kohlensäure kann sich der volle Geschmack mit Noten von Birnen und Pfirsich voll entfalten. Am gemütlichen Ruhetag geht da auch noch ein zweites Glas.
Auf der Dorsale, dem Rückgrat des Montello lernen wir zwei italienische Pärchen aus Treviso kennen. Der Montello sei ihr Hausberg und wenn sie richtig biken wollen, fahren sie nach Österreich. Ob sie sich dort auch ständig unterhalten - ein Rätsel, wie man auf dem Rad ohne Unterbrechung reden kann und dabei auch noch ganz flott vorankommt. Zum Abschluss der Ruhetagsausfahrt gönnen wir uns dann noch ein feines Fassbier vom Brauhaus Tegernsee auf das der Barista ganz besonders stolz ist.
Der letzte Abend in der Albergo alla Pineta mit Blick über das Lichtermeer der Terraferma klingt dann natürlich mit Prosecco des Hauses auf der Terrasse aus. Eine sehr gute Adresse die mittlerweile so mancher Alpinradler mit Frau bei einer Reise ins Veneto aufgesucht hat.


Freitag, 11. September

Passo San Boldo - Lago di Mis

Vorbei an der Villa Sandi überqueren wir die Piave. Durch Proseccoweinberge so weit das Auge reicht nehmen wir Kurs auf den Passo San Boldo - auch ein Erbe des Krieges. Nach der Abfahrt überqueren wir die Piave ein zweites mal und erreichen bald den Lago Mis, einen verträumt gelegenen, langgezogenen Stausee, an dessen Westufer sich ein Sträßchen durch viele kleine Tunnels schlängelt. Ein Rastplatz auf halber Höhe lädt zu einer Brotzeit "Da Pietro" ein. Nur wenige italienische Ausflügler finden den Weg hierher. Das Ende des Sees geht über in ein Enges Tal in dem sich das Flüsschen Mis in den Fels eingegraben hat. In den Fels gehauene Naturtunnel und Galerien machen enge Schluchten für uns passierbar.


Samstag, 12. September

Civetta - Monte Pelmo - Lagazuoi - 3 Zinnen - Rosengarten

Der Blick auf die eindrucksvollsten Hochgebirtspanoramen bleiben uns wegen der Wolken verwehrt. Die Civetta ließ sich nur erahnen und das mächtige Massiv des Monte Pelmo an der Forcella Staulanza verweigerte hartnäckig den Blick bis zum Gipfel. Die Bar Lorenzini in Selva di Cadore, ein Etappenziel der Dolomitentour 2005, war gut für einen kurzen Brotzeitstop mit anschließendem Cafè. Eine Runde "Most" von Bepi Tosolini weckte die Lebensgeister wieder für das Finale. Im Gemärk, wo das nahe Hotel Rosengarten schon "zieht" galt es noch, einen Blick auf die 3 Zinnen zu werfen, bevor dann die Anspannung einer ganzen Woche abfallen konnte. Nach dem von Rosanna servierten, vorzüglichen Abendessen (Salatbuffet und 4-gängiges Menü) wollte der Abend mit Chardonnay, Merlot und Spaten kein Ende nehmen...